Mein Chef mobbt und unterstützt mobbende Kollegen
„Ich bin seit 19 Jahren mit Leib und Seele Realschullehrer. Die Schüler sind mir vornehmlich gut gewogen. Aber, wie anderen Kollegen, so ging es auch mir: Nicht allen Schüler oder deren Eltern waren mit meiner Art der Unterrichtsführung oder Notenvergabe einverstanden. Sie regten sich über alles und jedes auf, versuchten mit angriffigem Verhalten oder faktisch falschen Aussagen bei der Schul- und Klassenleitung bessere Noten in meinem Fach herauszuschlagen und anderes mehr. Nun hatte ich leider eine Schulleiterin, die ihre Mitarbeiter (wir Lehrer) in Kategorien einteilte, und diese Kategorien bestimmten über Sympathie und Antipathie. Es ging meiner Schulleiterin um den Ruf „ihrer“ Schule, den sie besser einschätzte, als er war und wie wir Kollegen demnach zu sein hatten, koste es, was es wollte. Nicht selten wurden ganz bestimmte Kolleginnen und Kollegen – auch vor dem gesamten Kollegium – lautstark nieder gemacht; dennoch verlangte sie, dass diejenigen anschließend wieder hochmotiviert und engagiert ihren Unterricht abhielten. Unfassbar, zeigte sie doch gerade selber ein grobes Fehlverhalten, was sie hingegen bei Dritten beklagte.
Es machte ihr großen Spaß, während der Unterrichtszeit über die Flure zu laufen, um zu hören, in welchen Klassenräumen es für sie zu laut zuging. Auf diese Art und Weise wollte sie ermitteln, ob die Lehrer die Schüler im Griff hatten. Sie betrat dann entweder den Klassenraum, um sich die Situation von den Schülern erklären zu lassen und wies mit ersterem Ton den Lehrer darauf hin, ihn gleich sprechen zu wollen. Dies „zauberte“ stets ein Grinsen in die Gesichter des einen und anderen Schülers. Oder sie kam in den Klassenraum, setzt sich kommentarlos hinten rein, verfolgt den Unterricht und bat anschließend den Kollegen im Beisein der Schüler in ihr Büro. Egal, wie sie reagierte, es war definitiv keine Unterstützung für den Lehrer, sondern eine Maßregelung. Was auch immer jetzt seitens des Lehrers an Argumenten angebracht wurde, Verständnis hatte sie grundsätzlich nur für die Schüler und Eltern. Was diese sagten, wurde nie in Frage gestellt und die Bitte, das jeweilige Klärungsgespräch gemeinsam mit der Klasse zu führen, wies sie stets ab. Dafür habe sie nämlich keine Zeit.
Hatte man ein Gespräch mit ihr - egal, worum es dabei ging - und eine Mutter wollte sie unangemeldet sprechen, musste der Kollege das Schulleiterbüro verlassen, denn Eltern ließ sie nie warten. Dieses Verhalten zeigte sie aber nur bei jenen Kollegen, die nicht in ihrer Gunst standen. Bei allen anderen ließ sie die nicht angemeldete Mutter durchaus auch warten.
Unsere Schulleiterin forderte auch Schüler auf, sich sogleich, also noch während des Unterrichts, bei ihr melden zu dürfen, sollte ihnen irgendetwas an dem Unterricht oder der Lehrperson, auf die sie einen „Piker“ hatte, nicht gefallen haben. Natürlich waren davon wieder einmal mehr nur all jene Lehrer betroffen, die sie selber nicht mochte, oder von deren Unterrichtsqualität sie nicht überzeugt war. Das wurde von einigen Schülern natürlich gerne angenommen. Diesen „Freibrief“ nutzten sie bereits schon bei Kleinigkeiten, die dann vor ihr als Schulleiterin sehr aufgebauscht und auch sachlich nicht korrekt dargestellt wurden. Selbst die Klassenleitung durfte dieses „Angebot“ vor ihrer Klasse äußern und dabei auch den Namen des Kollegen benennen, um den es ging. Oder selbige nutzte den eigenen Unterricht, um sich bei den Schülern über die Unterrichtsqualität des besagten Kollegen zu informieren. Was auch immer nun seitens der Schüler behauptet wurde, es ging umgehend zur Schulleiterin. Ob das stimmte, was behauptet wurde, oder ob die Zusammenhänge sachlich richtig dargestellt waren, …, wurde gar nicht in Frage gestellt; und wie gesagt, ein klärendes Klassengespräch fand niemals statt.
Diese mobbenden Kollegen dürfen auch andere Kollegen nach Herzenslust kontrollieren: Haben sie frühzeitig ihre Klassenarbeiten in das Informationsbuch eingetragen? Haben sie ggf. den Unterricht um 1-2 Minuten früher beendet? Kommt der Kollege ggf. leicht verspätet zum Unterricht? Wird die Aufsicht pünktlich wahrgenommen? … Diese und andere Fehler unterliefen den „Kontrolleuren“ zwar auch selber, behauptet wurde von ihnen aber genau das Gegenteil. Sie waren in allem perfekt. Und wenn sie das tatsächlich mal nicht waren, dann gab es dafür von der Schulleiterin akzeptierte Gründe.
Es kam auch vor, dass Vorabinformationen für Konferenzen bestimmten Lehrern nicht oder viel zu spät per E-Mail zugeschickt wurden. Teilte dies der jeweilige Kollege in der Konferenz mit, wurde ihm vorgehalten, in seinem Mail-Postfach wohl keine Ordnung zu haben, was für ihn ja bezeichnend sei – ein völlig unhaltbarer Vorwurf. Der eine und andere Kollege konnte sich das Grinsen dann nicht verkneifen und suchte nun gerne den Blickkontakt zur Schulleiterin. Oder derjenige wies seinen Kollegen vor versammeltem Kollegium zusätzlich darauf hin, dass er ja schon einmal etwas nicht bekommen haben wollte und es letztendlich doch hatte. Derjenige, der hier seinen Kollegen versuchte, lächerlich zu machen, wurde aber nicht etwa ermahnt, derartige Kommentare zu unterlassen. Nein, vielmehr unterstützte die Schulleiterin dieses Verhalten, indem sie ihm mit seinem Kommentar Recht gab.
Dass unsere Schulleiterin bestimmten Kollegen gegenüber sehr nachtragend war, muss ich wohl nicht mehr ausführen. Anderen verzieh sie deren Fehler. Ach nein, das waren ja gar keine Fehler, sondern z.B. nur ein Versehen oder geringfügige Ungeschicktheiten, die menschlich waren.
Meine Schulleiterin stand mal eines Tages im Sekretariat vor mir und sagte im Beisein von zwei Kollegen und den zwei Sekretärinnen, dass aus mir beruflich nichts mehr werden wird, solange sie hier ist. Wenn jetzt jemand glaubt, dass ich hier irgendeine Art von Beistand bekommen hätte, der irrt gewaltig. Die Sekretärinnen taten so, als hätten sie nichts gehört, und diese zwei Kollegen sahen es als einen „Freibrief“ an, mich zu schikanieren, wo sie nur konnten. Mir dieses Verhalten zu verbitten, war ohne Erfolg. Und natürlich ging dieser Satz ins Kollegium.
Ich könnte hier noch unzählige Beispiele aufführen, aber ich glaube, es ist klar geworden, was ich erlebt hatte. Je länger ich an dieser Schule war, desto mehr machte mich dieses Klima krank. Ich stand kurz vor dem Burnout und manchmal hatte ich geradezu Hassgefühle gegenüber meiner Schulleiterin und den besagten Kollegen. Ich fuhr täglich völlig erschöpft nach Hause, war körperlich und geistig absolut erledigt, bekam Probleme mit meiner Konzentration, wollte eigentlich nie mehr zu dieser Schule, konnte abends nur noch schlecht einschlafen und an Durchschlafen war schon gar nicht mehr zu denken. Meine Hände zitterten, ich schwitzte, ständig fühlte ich mich in der Schule beobachtet und kontrolliert. Bestimmte Schüler und Eltern konnte ich nicht mehr ausstehen, musste mich hier aber sehr beherrschen und nahm fast täglich Beruhigungstabletten ein, bevor ich zur Schule fuhr. An kollegialen Gesprächen nahm ich nur noch teil, wenn es um fachliche Angelegenheiten ging. Dies tat ich aus der Angst heraus, evtl. etwas zu äußern, das Dritte wieder zur Schulleiterin laufen ließ. Es wurde für mich zunehmend mehr zu einem Spießrutenlauf und ich vertraute keinem mehr.“